Es ist nicht einfach, elektronische Geräte fair herzustellen. Fairphone stieß dabei schon auf manche Grenzen, das Shiftphone muss sich noch unter Beweis stellen. Bei einer einfachen Computermaus sollte das einfacher sein – oder?
Im Gegensatz zu Smartphones besteht eine Computermaus aus einer übersichtlichen Anzahl von Bestandteilen. Neben dem Gehäuse wären da Widerstände, Kondensatoren, ein paar Schalter, ein LED-Licht, Kabel und ein Sensorchip. Diese Bestandteile aus Rohstoffen zu produzieren, deren Abbau keine Bürgerkriege finanziert, und zu fairen Löhnen zusammenbauen zu lassen, ist trotzdem nicht ganz einfach.
Schon seit 2009 arbeitet die studierte Geographin Susanne Jordan daran eine komplett faire Maus zu entwickeln. Dafür gründete sie den Verein Nager IT mit Sitz im oberbayrischen Bichl. Inzwischen sind zwölf Produktentwickler, Aktivisten und Kommunikationsprofis im sogenannten “Nagerteam“.
In der ersten Generation konnten sie die Maus zu zwei Dritteln fair produzieren. Das heißt, die meisten der Bestandteile wurden nachweisbar so hergestellt, dass Menschen dafür nicht ausgebeutet wurden oder Menschenrechtsverletzungen erleiden mussten. Ein nicht geringer Anteil des Gerätes stammt sogar aus Deutschland. Was die Lieferkette angeht, so setzt Nager IT mit einer großen Übersichtstafel auf absolute Transparenz.

Keine Abstriche beim Aussehen: Die grüne LED der fairen Maus macht einiges her. (Foto: Nager IT)
Auch bezüglich der Herausforderungen verschweigt das Team keine Details. So erklärt es etwa, wie schwierig es alleine ist, die Namen der “Vor-vor-Lieferanten” herauszufinden, um etwa die Rohstoff-Auswahl beeinflussen zu können. Die komplette Transparenz ist wichtig, will man jedes einzelne Glied der Lieferkette auf Fairness und Umweltfreundlichkeit überprüfen.
Sensor und Linse sind beispielsweise zwei Bauteile, bei denen auch Nager IT nicht ausschließen kann, dass die enthaltenen Rohstoffen unter zweifelhaften Bedingungen gefördert worden sind. Die Teile kommen von dem internationalen Konzern PixArt – woher dieser seine Materialien bezieht, sei noch nicht klar. Auch die Lieferketten für die Widerstände sind nicht komplett transparent – doch hier gibt es immerhin eine Zusicherung einiger Hersteller, dass sie keine Metalle aus Konfliktregionen im Kongo beziehen.
Bis eine komplette Transparenz geschaffen ist, will Nager IT den Differenzbetrag aus dem Preis für faire Rohstoffe und dem eigenen (günstigeren) Einkaufspreis an eine Nichtregierungsorganisation spenden, die sich am Abbauort für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzt.
Ständig weiterentwickelt
So ist die in ihrer Ausstattung recht spartanische Maus mit 30 Euro natürlich teurer, als manch Konkurrenzprodukt. Auch die Montage in Deutschland macht es nicht billiger – wobei Nager IT betont, dass die Ausschussmenge dadurch deutlich geringer sei, als bei einer Fernost-Fertigung.
Und die Maus entwickelt sich ständig weiter. So kommt in der aktuellen Generation ein Scrollrad aus Holz hinzu. Für das Gehäuse ist das Team von Nager IT noch auf der Suche nach der perfekten Lösung. Dazu befragte das Team Umweltinstitute, das Umweltbundesamt und Nichtregierungsorganisationen.
Das Zwischenergebnis laute: „Wenn Biokunststoff, dann bitte fair und ökologisch angebaut.“ Doch solch ein Biokunststoff ist schwer zu bekommen. Das bislang verbaute Bioplastik von Tecnaro aus Deutschland wird größtenteils aus Holzresten der europäischen Papierindustrie hergestellt und ist vollständig biologisch abbaubar.
Nager-IT kamen mit ihrer Maus weiter als die meisten anderen Projekte und Startups im Bereich “Fair Electronics” – doch das reicht ihnen noch nicht. Sie machen weiter bis sie mit ruhigem Gewissen sagen können: Diese Maus ist zu 100 Prozent fair und umweltfreundlich produziert.
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