Energiewende und Kunst – passt das überhaupt zusammen? Für die rund 400 Künstler, die sich im vergangenen Jahr beim Wettbewerb Energiewendekunst bewarben, ist das keine Frage: Mit über 1000 Werken bewarben sie sich um einen Platz in der gleichnamigen Ausstellung, die im Winter in Berlin stattfand und hunderte Besucher anlockte.
Energiewende, das hieß einmal: Optimismus, Tatendrang und Aufbruch. Und die gesamte Bevölkerung sollte beteiligt sein – schließlich ist die Energiewende eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Inzwischen scheint die Euphorie etwas verklungen zu sein. Politiker, Experten, Lobbyisten und Bürgerinitiativen streiten über die Strompreisentwicklung, Windturbinengeräusche und Stromtrassen.
Viele Interessierte an der Kunstausstellung zur Energiewende wollten sich vielleicht wieder mit dem Ausgangspunkt der Energiewende beschäftigen: dem Klimaschutz. Und zwar ohne Experten, Politiker oder Wissenschaftler, sondern aus einem kulturellen Blickwinkel.
Was nicht bedeutet, dass plötzlich Ölgemälde von Solarkollektoren an den Wänden hängen würden. Die Künstler beschäftigten sich viel kreativer, abstrakter und auch kritischer mit der Energiewende. Einige der Installationen oder Fotografien finden sich noch auf der Homepage. Kommende Woche erscheint dann der Katalog zu der Ausstellung. Eine kleine Auswahl der Kunstwerke präsentieren wir Ihnen jedoch bereits heute.
Das sind die eindrucksvollsten Werke der Künstler zur Energiewende:
In der Eingangshalle der Ausstellung summte und plätscherte es. Romina Farkas Installation ‘Like Ice In The Sunshine’ begrüßte die Besucher mit einer wirbelnden Bewegung von unzähligen, feinen Schläuchen, die Wasser aus einem Becken saugen und herab regnen lassen. Es gehe ihr um „die naiv anmutende Schönheit der Natur, gepaart mit einer technophilen Ästhetik“, schreibt Farkas in ihrer Beschreibung. Mit ihren zwei weiteren Kunstwerken belegte Farkas den mit 3000 Euro dotierten ersten Platz des Jurywettbewerbs. Damit räumte die 27-jährige Kunststudentin aus Hamburg den Hauptpreis der Ausstellung ab.
Subversive Kunst kritisiert Kohle
Subversiver ist die Kunst der Gruppe Vattenfalle. Anlässlich der zweiten Erörterung zum Planverfahren des neuen Tagebaus Welzow Süd II im Dezember 2013 überklebten die Künstler Plakate des Energieerzeugers Vattenfall. Darauf zu sehen ist ein Kind mit Asthma und dem sarkastischen Untertitel „Unsere Luft ist mir wichtig“. Adbusting heißt diese Art von Guerilla-Kunst.
Prozessoren heizen Ausstellungsraum
Der dritte, mit 1000 Euro dotierte Preis ging an Roswitha Maul. Ihr Werk “ServIn-Ofen” ist eine drei Meter hohe Skulptur in Form eines historischen Kachelofens aus grünem Kunstharz. Im Inneren verbirgt die Künstlerin fünf Server mit zwölf Prozessoren, die durch ihre Tätigkeit so viel Abwärme abgeben, dass der Raum beheizt wird. Roswitha Maul verbindet die Ästhetik eines alten Ofens mit moderner Technik und thematisiert so den Energieverbrauch in Rechenzentren. Auf ihrer Homepage lässt sich die aktuelle Temperatur ablesen, die meist zwischen 40 und 50°C liegt. Eine Idee, die nicht nur auf Kunstobjekte beschränkt ist: Start-ups wie Nerdalize wollen tatsächlich mit Servern heizen.
Wenn die Sonne Stifte führt

Malte die Werke an der Wand: der solarbetriebene Zeichner von Rolf Behringer und Alexandra Centmayer. (Foto: Gerd Mittelberg)
Alexandra Centmayer und Rolf Behringer ließen für ihre Arbeit „Von der Sonne gezeichnet – From 8 to 6“ einen sonnenbetriebenen Roboter arbeiten: Stündlich zeichnete dieser, je nach Sonnenintensität, unterschiedliche Bilder. Die Bilderserie dokumentiert auf ganze eigene Weise den 7. September 2014 und lässt Rückschlüsse auf die jeweilige Lichtintensität zum Zeitpunkt der Zeichnung schließen. Auf dem ersten und letzten Bild sind daher nur vier schwarze Punkte erkennbar, da die Sonneneinstrahlung zu schwach war, um das vierfüßige Zeichengerät über das Papier zu bewegen. Bei den anderen Bildern hingegen malte das solarbetriebene Zeichengerät dynamische Strukturen. Centmayers und Behringers Arbeiten begeisterten die Besucher so sehr, dass die beiden schließlich den Publikumspreis gewinnen konnten.
Mühsame Energiegewinnung
Erstaunlich ist auch die Videoinstallation von Wolfgang Aichner und Thomas Huber (GÆG). In einem Video sieht man sie mit einem tragbaren Windrad durch Island wandern. Eine ganze Woche waren sie mit Windrädern auf dem Rücken unterwegs. Auf dem Video auf der gegenüber liegenden Seite schauen beide Künstler zwei Waschmaschinen zu. Die Maschinen liefen mit dem Strom, die sie mit Hilfe der tragbaren Windräder auf zwei Batterien speicherten. So zeigt GÆG auf ganz ungewöhnliche Weise, wie aufwendig Energieerzeugung ist.
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